Samstag, 7. November 2009

Die Einsamkeit

In der Einsamkeit der Nacht
Schlich auf leisen Sohlen
Eine Gestalt im Nachthemd
An der Terrasse vorbei.
Sie lief
Und hielt plötzlich inne:
Sie hatte soeben
Eine ähnliche Gestalt erblickt,
Die ihr folgte.
Als sie sich umdrehte,
Verschwand die andere Gestalt vor ihren
erstaunten Augen:
Es war der eigene Schatten, der sie ängstigte,
Denn ihre Seele war nicht ruhig.

(Anais Nin)

Freitag, 6. November 2009

Armageddon

erzählen - einfach - erzählen

... auch ich versuche, das Handwerk des
Erzählers zu erlernen.

..er überrascht mich mit einem Wortschwall,
dessen Bedeutung ich erst viel später erkannte.

.... ich rede und rede und du verstehst mich
nicht. Ich war nicht draußen, wo er wirklich
wohnte. Ist es denn wichtig, dieses Haus,
jenes Haus...

.....in den Menschen liegen Kräfte verborgen,
aber sie wissen es nicht. Man läßt sie verküm-
mern und zu Krüppeln werden. Und da ihre
Poren verstopft sind, ihre Augen blind, aber das
Leben in ihnen drängt, all diese Kraft, von der
sie nicht wissen, was sie mit ihr anfangen sollen,
brechen sie aus. Brechen aus ihrer Schale, aus
dem Haus und aus dem Gesetz, brechen aus und
schlagen um sich.....

(Fred Wander . Der siebente Brunnen)

zwei mal - BROT

...und nun das BROT: Teile es in drei dicke
Scheiben, die Scheiben in Würfel. Kaue jeden
Würfel lange und sorgfältig. Schmecke das
Korn darin, den Regen, den Sturm. Laß den
Geschmack der Sonne auf der Zunge zergehen.

Brot ist Leben. Wer dem anderen Brot stiehtl,
nimmt ihm das Leben.

...Aber ich muß noch die Masochisten erwähnen,
die Mitglieder eines geheimen Kultes mit Bot. Sie
stecken ihre Ration in einen Beutel, den sie immer
mit sich herumtragen, und peinigen sich selber
mit einer Illusion. Das Brot, außen am Körper
statt innen, nährt vielleicht die Phantasie, unter-
höhl aber die letzten Kräfte. Während der Arbeit
..., nach einem ausgetüftelten Plan, holen sie
winzige Stücke Lebensstoff aus dem Beutel
hervor, über den ganzen Tag verteilt. Närrisch.

Und dann noch die Leute wie Pechmann und
andere, die aus einem Kanten Brot eine Mahlzeit
machen, sozusagen mit sieben Gängen, sich hin-
setzen, das sorgsam aufbewahrte Brot hervor-
holen und Wohlbehagen zelebrieren.

(Fred Wander - Der siebente Brunnen)

Mit Brot wird heute sehr achtlos umgegangen.
Wien entsorgt täglich so viel Brot, wie die
Bevölkerung von Graz benötigt.

(Quelle: Vorarlberger Magazin
Bild Brotberg: haefely.info)

Brot.
Schmecke das Korn darin,
den Regen,
den Sturm.
Laß den Geschmack der Sonne
auf der Zunge zergehen.

Donnerstag, 5. November 2009

Vertreibung aus dem Paradies

Vor ihren Augen verwandelte sich der Wind in
eine brennende Substanz, ein riesiges rot-
glühendes Blatt, langgezogen und sich dann
verkürzend, das wie eine Peitsche vor ihren
Füßen knallte, heißer und schrecklicher noch
als die zuvor erlittene Hitze. Die Feuerzunge
stürzte sich gnadenlos auf sie, leckte ihre
Fußsohlen und Handflächen, beschnüffelte
ihr Haar, traktierte sie mit Hieben.

(Gioconda Belli - Unendlichkeit in ihrer Hand)

Dienstag, 3. November 2009

Montag, 2. November 2009

golden heart

das goldene wienerherz

das goldene wienerherz ist eine metapher,
sagte ein altkluger sängerknabe, und du bist
eine legende, fuhr ihm ein arroganter lipizzaner
über den mund. und du bist schnee von gestern,
brummte der rathausmann. freunde, streitet
nicht, mischte sich der altbürgermeister ein, wir
sind doch alle nicht mehr das, was wir einmal
waren.

(friedrich achleitner - wiener linien)

absent.minded.man

Es war die Leblosigkeit der Gesichtszüge, die
einen zurückschrecken ließ. Das Gesicht hatte
etwas von der Erschöpfung eines Schiffbrüchigen
an sich, etwas Verlassenes, das einem den son-
derbaren Gedanken eingab, sein Besitzer habe
sich davongemacht und es einfach stehenlassen.

(Pascal Mercier - Perlmanns Schweigen)

hai_ku

RedBeltOnYelloWall

AchduMeineKatzenGoettinDu

AchDu

Sonntag, 1. November 2009

words

Worte kitzeln empfindlicher,
als es die Finger je vermögen.

(Rafik Schami)